Die 2009/2010 erbaute Kettenbrücke über den rechten Regnitzarm, bzw. den Main-Donau-Kanal, was an dieser Stelle das gleiche ist, gilt natürlich nicht als historisches Bauwerk, was im Stadtkern Bambergs allerdings schon bemerkenswert wäre, aber sie hat eine Vorgeschichte, hat Stil und dient verliebten Bambergern dazu, sich mittels eines Liebesschlosses gegenseitig Treue zu versprechen. Urkunden aus dem 14. Jahrhundert belegen bereits die Existenz einer Brücke über den rechten Regnitzarms an dieser Stelle. Es handelte sich um eine einfache Holzkonstruktion, die im Jahr 1451 vom Hochwasser zerstört wurde. Eine weitere Holzbrücke, Seesbrücke genannt wurde errichtet, welche im Jahren 1752 durch eine prachtvolle steinerne Bogenbrücke ersetzt wurde. Diese mit viel Zierrat und Statuen versehene Brücke im Rokokostil galt damals als die schönste Brücke Frankens. Aber ihre Zeit endete bereits im Jahr 1784, als sie durch ein verheerendes Hochwasser mit Eisgang von den Fluten hinweg gerissen wurde. In den Jahren danach existierten nur Notstege zur Überquerung der Regnitz, bis im Jahr 1809 wieder eine Holzbrücke in Form einer freitragenden Bogenbrücke gebaut wurde. Allerdings erwies sich der Baustoff Holz auf Dauer nicht den Anforderungen gewachsen, so dass auch diese Brücke 17 Jahre bereits später wieder abgerissen wurde.
Im Jahr 1829 beginnt nun die Geschichte der Kettenbrücke, von der wir heute bereits das 4. Exemplar bewundern können. Anfang des 19. Jahrhunderts war man bereits in der Lage Kettenglieder mit einer hohen Festigkeit zu schmieden. Diese Möglichkeit nutzte man um die Fahrbahn der Brücke an schmiedeeisernen Ketten aufzuhängen. Jeweils eine Kette an beiden Längsseiten wurde über Pylone (gemauerte Pfeiler) gespannt. An diesen Ketten hingen die senkrechten Tragketten. Diese Konstruktion fand damals im In- und Ausland viel Beachtung. Allerdings war der Korrosionsschutz noch nicht ausreichend, so dass die eigentlich geniale Konstruktion bald zu rosten begann und 1892 ein weiterer Neubau fällig wurde. Neue Techniken der Metallbearbeitung ermöglichten den Bau einer Brücke, die für längere Zeit tauglich gewesen wäre, hätte es den 2. Weltkrieg nicht gegeben, an dessen Ende viele strategisch wichtig erscheinenden Brücken von der Wehrmacht gesprengt wurden. Eine schlichte zweckmäßige Brücke wurde im 1953 gebaut, die aber Anfang des 21. Jahrhundert nicht mehr den statischen Standards entsprach, und man sich für einen weiteren Neubau entschied, der dann in den Jahren 2009/2010 verwirklicht wurde. Diese Brücke lehnt sich konstruktiv wieder an die erste Kettenbrücke von 1829 an, ist aber nach den heutigen Regeln der Ingenieurskunst entworfen und gebaut worden. Ich persönlich halte die unaufdringlich moderne Konstruktion für sehr gelungen, die sich, obwohl sie ganz unserem heutigen Zeitgeschmack entspricht, harmonisch in das Stadtbild Bambergs einfügt. (Landkarte)
Alte Traditionen bekommen zuweilen neue Ausdrucksmöglichkeiten. Menschen die sich lieben, versprechen sich ewige Treue, was allerdings heutzutage nicht immer auf dem Standesamt oder in der Kirche öffentlich bekundet wird. Ehe-, Freundschafts- oder Verlobungsringe sind ein öffentliches Zeichen. Neuerdings gehen aber auch viele dazu über, an Brücken, an denen dies möglich ist, als Zeichen der Verbundenheit und angestrebter Treue, ein Schloss anzubringen und den Schlüssel zu entsorgen. Diese öffentlichen Liebesbeweise finden wir bereits an vielen Brücken im Land und es werden immer mehr. Einigen Stadtverwaltungen bereitet das Sorgen und es wird darüber nachgedacht, wie man der steigenden Zahl von Liebesschlössern Herr wird, ohne sie zu vernichten, denn ob dieser Trend noch lange anhält weiß niemand, aber denjenigen, die diese Schlösser angebracht haben, bedeuten sie viel. Ich hoffe, dass die meisten dieser Treuschwüre auch ein Leben lang Bestand haben mögen… Linkempfehlungen: Stadt Bamberg: Aktuelle und Historische Fotos der Bamberger Brücken Stadt Bamberg: Die Geschichte der Kettenbrücke bis 2003
Hier hängen die Schlösser ja noch schön geordnet. Das ist ok. An manchen Brücken aber wird das langsam wirklich zu viel. Vielleicht sollten sich die jungen Leute mal was anderes einfallen lassen oder
man bringt ein spezielles Seil oder Tau an für die Schlösser.
Ich halte das für eine Zeiterscheinung, die irgendwann mal wieder aufhören wird. Was den Umgang der jeweiligen Städte damit angeht, da sind sicher viel Fingerspitzengefühl und Kreativität gefragt. Ein einfaches „Die gehören da nicht hin, die müssen weg!“ ist bestimmt nicht der richtige Weg damit umzugehen. Mal sehen, wie sich das Ganze entwickelt…
LG, Georg
Hallo Georg,
als ich die Vorschau sah, dachte ich, diese Brücke kenne ich noch gar nicht. Ist ja eigentlich auch normal, wurde sie doch erst 2009/2010 gebaut und seither war ich nicht mehr in Bamberg.
Das obere Foto ist genial, sehr schöne Linienführung durch diese Kettenglieder.
Viele Grüße
Rolf
Hallo Rolf,
selbst in einer Stadt mit soviel alter Bausubstanz, die einem vorkommt, wie vor langer Zeit für die Ewigkeit gebaut zu sein, gibt es hier und da doch mal wieder was Neues. 😉
Als ich auf der Brücke stand und zum Kanal hinunter blickte, sah ich wie links von mir der Bogen aus riesigen Kettenglieder in der Sonne leuchtete und die Hausfassade dahinter im Schatten lag. Da wusste ich, dass das mein Motiv des Tages ist. Ich freue mich, dass es Dir auch gefällt.
LG, Georg
Hab gerade Deine Antwort zu meinem Kommentar beim letzten Bild gelesen.
Stimmt, die Brücke habe ich noch nicht gesehen.
Was sagt mir das? Ich sollte mal wieder nach Bamberg fahren 😉
Gibt es noch eine Stadt, die keine Brücke mit Liebesschlössern hat?
Ich stehe der Sache eh (aus mehreren Gründen) ziemlich negativ gegenüber.
LG und danke für die vielen Informationen
Agnes