Digitale Schätzchen (4) – Olympus E-1

Das Fourthirds-System

Die Olympus E-1 wurde im Jahr 2003 vorgestellt und mit ihr ein ganz neues System, Das Olympus E-System, welches auf dem neu geschaffenen Fourthirds-Standard basiert.

Was war das neue an Fourthirds? Die Digitalfotografie war noch recht jung und wurde von Kameras dominiert, die noch nicht viel mit der klassischen Spiegelreflex gemeinsam hatten. Der Wunsch, zukünftig digitale Spiegelreflex-Kamera zu nutzen war allgegenwärtig, aber am Markt gab es wenig brauchbares zumindest zu Preisen, die sich eine Mehrheit der Fotointeressierten leisten konnte. Manche Hersteller setzten darauf, ihre bewährten analogen Systeme zu digitalen umzurüsten. Das ging nicht ohne Probleme, denn erstens waren Aufnahmesensoren im Kleinbildformat noch nicht zu marktfähigen Preisen verfügbar und außerdem musste bedacht werden, dass Sensoren anders als ein Film reagieren. Während es beim Film relativ gleichgültig ist, in welchen Winkel das Licht auf ihn trifft, kann ein Sensor nur dann genug Licht aufnehmen, wenn das Licht möglichst senkrecht auf ihn trifft. Man half sich zunächst damit, kleinere Sensoren einzusetzen, damit man die beschriebenen Probleme in den Griff bekam. So haben die Mehrzahl aller Sensoren in Spiegelreflexkameras bis heute noch eine Größe von ca. 16×24 mm. Man spricht vom APS-C Format.

Nun hatte Olympus zu dem Zeitpunkt kein Spiegelreflexkamera-System im Programm, denn das OM-System war schon seit vielen Jahren nicht mehr am Markt. So bestand also die Möglichkeit ein neues zu schaffen, dass vollständig auf die Bedürfnisse der Digitalfotografie zugeschnitten ist, sich aber bedienen lässt, wie andere zeitgemäße Spiegelreflexkameras. Ein ganz besonderes Augenmerk legte man auf die Objektive, die eine telezentrische Charakteristik haben sollten, um mögliche optische Schwächen im System zu vermeiden. Dazu braucht man im Vergleich zur Sensorfläche relativ große Objektive, vor allem, wenn diese auch noch lichtstark sein sollen. Vor dem Hintergrund, dass das Kleinbildformat in der Digitalfotografie zu der Zeit keine Rolle spielte und man ein handliches System bauen wollte, entschloss man sich zu einem Sensorformat von 13×17,3 mm, dem Fourthirdsformat, mit dem sich der Gedanke, ein System mit möglichst wenigen Kompromissen zu bauen, am einfachsten umsetzen ließ. Damals waren 4-6 Megapixel der Standard und da passte die E-1 mit ihren 5,5 Megapixeln sehr gut in die Marktsituation. Das Konzept des gesamten Systems war absolut überzeugend. Der Umrechnungsfaktor für die Brennweiten betrug 2,0, so dass Objektive nunmehr nur noch halb so lang sein mussten. Die Kamera, die äußerst solide, robust und hervorragend ausgestattet war, wurde als Profigerät am Markt positioniert. Eine Besonderheit, war sicher auch dass die E-1 die erste digitale Spiegelreflexkamera war, die eine gut funktionierende automatische Sensorreinigung eingebaut hatte.

Es war aber schwer sich gegen die Konkurrenz der beiden großen Hersteller Canon und Nikon zu behaupten, die ihr Augenmerk längst auf mehr Megapixel und größere Formate gelegt hatten. Sie lernten natürlich auch von Olympus und bauten nach und nach Objektive mit nahezu telezentrischen Eigenschaften und entwickelten eigene Lösungen zur Sensorreinigung. Olympus entschied sich dann, nicht nur eine professionell ausgerichtete Kundschaft zu bedienen, sondern auch den Massenmarkt. So entstanden eine große Zahl preiswerter Gehäuse (von 7,5 bis 12 Megapixel) für den Fourthirds-Standard (E-30, E-300, E-330, E-400, E-410, E-420, E-500, E-510, E-520, E-600 und E-620. Auch von Panasonic (L1 und L10) und Leica (Digilux 3) gab es Fourthirds-Kameras. Die längst überfällige Nachfolgerin der E-1 die E-3 erschien erst Ende 2007 und auf der Photokina 2010 wurde schließlich die E-5 vorgestellt.

In der Zwischenzeit kam aber Canon 2005 mit der ersten semiprofessionellen digitalen Kleinbild-Spiegelreflexkamera auf den Markt der EOS 5D. Das Erscheinen dieser Kamera und die Tatsache, dass es nun möglich war, echte Kleinbild-DSLR‘s zu bauen, hat die Situation völlig verändert. Zwar gab es nicht wegzudiskutierende Probleme im Bereich der Optiken, aber die enorme Sensorleistung der Canon 5D, 1Ds sowie der Nikon D3 und D700 erlauben eine weitestgehende Verbesserung der optischen Schwächen auf elektronischem Weg. Inzwischen sind aber sehr viele neue Objektive auf dem Markt, die sehr gut auf das digitale Kleinbildformat abgestimmt sind.

In diesem Umfeld hatte es Olympus schwer, sich mit dem kleinen Fourthirds-Format (Sensorfläche ca. 1/4 von Kleinbild) am Markt zu behaupten. Die Zustimmung zu Fourthirds begann mit der Einführung des Kleinbildformats zu bröckeln. Inzwischen versucht man mit dem Micro-Fourthirds System (mFT) eine neue Marknische zu erschließen. Hier bleibt zwar die Sensorgröße die Gleiche aber durch den Wegfall des Spiegels und ein geringeres Auflagemaß, wird es möglich, Kameras und Objektive kleiner zu bauen. Inwieweit sich diese Idee weltweit durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Der ursprüngliche Fourthirds-Standard wird jetzt nur noch von Olympus alleine repräsentiert und auch nur mit einem Gehäuse, der E-5, sowie allen bisher erschienenen Fourthirds-Objektive von Olympus. Es sieht nach einem Niedergang einer einst fortschrittlichen Idee aus. Es wäre schade drum, aber vielleicht kann die E-5 ja noch einige Fotofreunde überzeugen. Das Zeug dazu hat sie auf jeden Fall.

Die E-1 ist heute mein Lieblings-Oldtimer. Ich verwende die Kamera, wegen ihres klassischen Handlings und des hellen und präzisen Suchers weiterhin noch gerne für Fotografie am Tisch. Da liefert sie nach wie vor überzeugende Ergebnisse ab.

Datenblatt zur E-1 auf digitalkamera.de

Bildnummer: 201011121038

Aufnahmekamera: Nikon D700, Objektiv: Sigma 2.8/70 Makro