Lüneburg. St. Michaelis Kirche (1)

Lüneburg: St. Michaelis – Bild Nr. 201208196913

Lüneburg – Die evangelische St. Michaelis Kirche ist ein äußerst imposantes Bauwerk der Backsteingotik des 14. Jahrhunderts. Sie war Teil des früheren Klosters St. Michaelis, das bereits in Dokumenten aus dem Jahr 956 erwähnt wird. Der Grundstein der Kirche wurde 1376 gelegt, vollendet wurde sie mit der Fertigstellung des Turmes im Jahr 1434. (Landkarte)

Lüneburg: Senkungsgebiet – BIld Nr. 201208196863

Ein Problem dieser mächtigen Kirche war allerdings von Anfang an die Statik, weil sie auf der Abbruchkante eines Salzstocks gebaut wurde und damit am Rande des Senkungsgebietes der Stadt steht. Dieses Gebiet hat sich infolge des Abbaus der unterirdischen Sole im Laufe der Jahrhunderte immer weiter abgesenkt, was zu starken Beschädigungen der Häuser und eben auch der St. Michaelis Kirche führte.

Das Bild links zeigt einen Einblick in die abgesenkten Straße ‚Auf dem Meere‘ an deren Ende die St. Michaelis Kirche steht. Die Absenkung um bis zu 65 cm hat dazu geführt dass die Säulen innerhalb der Kirche um bis zu 70 cm aus dem Lot stehen. Wenn man beim Betrachten des oberen Bild den Eindruck hat, das die Säulen nach links zu kippen scheinen, so ist das kein optischer Fehler der Aufnahme, sondern es entspricht der Realität.

Um die Stabilität der Kirche zu sichern, wurde nach der Einstellung des Salzabbaus, der Untergrund befestigt und die Säulen unterhalb der Gewölbeauflagen mit holzverkleideten Stahlträgern gegeneinander stabilisiert, so dass die Kirche in ihrer Standfestigkeit nicht mehr gefährdet ist.

Orgel von St. Michaelis
Das Lot – Bild Nr. 201208196918

An der Orgel ist ebenfalls zu sehen, wie schief die Kirche durch die Bewegungen im Untergrund geworden ist. Ein freundlicher Mitarbeiter der Kirchengemeinde sagte mir, dass die Orgel absolut gerade steht. Ich muss es einfach mal so glauben, denn bei näherer Betrachtung des Innenraumes glaubte ich meinen Augen nicht mehr trauen zu können, weil ich nicht klar erkennen konnte, was gerade und was schief ist. Auf jeden Fall steht die Orgel, bedingt durch die Schiefe der Säulen außermittig, und bei den stürzenden Senkrechten aufgrund der Perspektive fällt trotzdem die Neigung nach rechts auf.

Klarheit über schief und gerade brachte auf jeden Fall ein Lot, dass im linken Seitenschiff an der hinteren Säule angebracht wurde. Hier wird einem dann entgültig klar, dass man seinen Augen doch noch trauen kann. Somit ist diese Kirche für mich eine hoch interessante Entdeckung, auch wenn der Anblick der Schieflage bis heute bei mir ein leicht mulmiges Gefühl hinterlässt.

Im nächsten Beitrag zeige ich Bilder der Unterkirche von St. Michaelis.

11 Kommentare

  1. Senkungsgebiet, ja, ein Problem, welches man auch aus dem Ruhrgebiet kennt 🙂 Super dokumentiert. Und danke für die Abkühlung in der Kirche. lg aNette

    1. Danke Anette!

      Von den Bergschäden im Ruhrgebiet habe ich auch schon oft gehört. Unsere Zivilisation bleibt eben nicht ohne Folgen.

      Eine Abkühlung war das tatsächlich in der Kirche. Wir haben unseren Besuch dort nach der Stadtführung in brütender Hitze als sehr angenehm empfunden. Da blieb auch Zeit, sich über das Bauwerk ein paar mehr Gedanken zu machen.

      LG, Georg

  2. Das Lot hast Du ja prima freigestellt, auf meinem Foto sieht man es kaum 😉 Da hat das 24-mm-Format (Vollformat ist für mich etwas im Zentimeterbereich *g*) halt seine Vorteile.
    Ciao
    Rolf

      1. …und ich habe 60mm bei f:4 knipsiert – und noch den nächsten Pfeiler als Hintergrund 🙁
        (das sollte eigentlich auch 35-mm-Format heißen.)

  3. Imposante Fotos sind dir in der Kirche gelungen 🙂 Noch einmal danke für die Infos! Toll, wie du das Lot festgehalten hast.

    LG, Kerstin

  4. Also, in der Kirche muss man sich um stürzende Linien auf dem Foto keine Gedanken machen … eher, dass die Linien in real auf einen stürzen *schluck*

  5. Klasse Doku von der Kirche und tolle Fotos, besonders auch das Foto mit dem Lot. Danke fürs zeigen und für den Bericht.
    Tja mit der Schieflage das ist ein wirklich ein großes Problem und man darf nicht wirklich darüber nachdenken.
    LG, Thea

    1. Danke Thea!

      Diese außergewöhnlich schiefe Kirche hat mich schon sehr beschäftigt. Da musste ich einfach meine Gedanken und ein paar Fakten in einem Artikel zusammen fassen. Das Lot, so unscheinbar es ist, hat wirklich eine starke Aussagekraft. Ich freue mich, dass es vom Bild her so gut herüber kommt.

      Wie ich mich bei der Schieflage gut eine Stunde lang zu einem Gottesdienst in der Kirche fühlen würde, vermag ich im Moment nicht zu sagen. Auf jeden Fall war’s angenehm kühl darin, und an das schiefe gewöhnt man sich bestimmt mit der Zeit..;)

      LG, Georg

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